Dominik Blum, Pedal-Hammond, Voice
Peter Conradin Zumthor, Drums
soeben erschienen:
Bock Vinyl-LP DESZPOT #004
Der Schweizer Komponist Felix Profos hat im Auftrag von Azeotrop das 20-minütige Werk 'Bock' geschrieben, das aus sechs Teilen besteht. Er umkreist in seinem jüngsten Werk die Themen der unbändigen Energie physischer Präsenz, des vorwärtsdrängenden Stillstands, der scheinbaren Wiederholung, des unermüdlichen Insistierens. 'Bock' ist ein Werk, das immerzu vorwärts drängt, das in seinen scheinbar einfachen, bohrenden Rhythmen zu rotieren beginnt und eine eindrückliche Präsenz zelebriert. Ein komponiertes Ritual, geschrieben auf den Namen eines mythologisch tief verwurzelten Tieres. Bock
> Besprechung von Friederike Kenneweg (pdf)
AZEOTROP 2006 Vinyl-LP feat. Cäcilia Schüeli, voc GROB 960
Die Musik von Azeotrop ist eine Kunstform die sich im wesentlichen aus Radikalität, Virtuosität, musikalischer Agressivität und unbändiger Spielfreude ergibt. Ist die Klangästhetik am ehesten dem Metal/Grind Core zuzuordnen, so spielen in der Musik selber Parameter eine Rolle, die eher der Neuen Musik entsprungen sind.
Azeotrop ist meistens Zwölftonmusik, ist oft polyrhythmische, sich in fortlaufenden Takt- und Metrumswechsel verändernde Musik, die immer wieder auch monumentale Doom/Noise-Wände beihaltet. Es ist Musik auf einer zumeist improvisierten Basis. Es sind die extremen Unterschiede, die den Reiz dieser archaischen Töne ausmachen!
Blindes Verständnis, etliche Cues und Zeichen und die minimale Besetzung ermöglichen dem Duo improvisierte Musik auf den Punkt zu spielen. Die Improvisationen werden durchbrochen durch messerscharfe, ausgeschriebene Kompositionssplitter die plötzlich auftauchen und die Musik um eine weitere wichtige Ebene bereichern.
Die Kompositionen stammen sowohl von Azeotrop, als auch von Felix Profos einem Enfant Terrible der Schweizer Komponistenszene.
Dominik Blum, der auf seiner über mehrere Verstärkertürme projezierte Pedal-Hammond die ganze Tonhöhenorganisation alleine besorgt, und Peter Conradin Zumthor, dessen Drumset mit Tamtam und diversen Spezialcymbals angereichert ist, erreichen mit ihrem stupenden Interplay und den eingeworfenen Kurzkompositionen eine hoch energetische musikalische Dichte, die einen staunen lässt.
Die Musik ist voller Überraschungen sowohl in den vielen Details, den rhythmischen Metren, als auch in der Struktur der Form. Hier haben sich zwei virtuose Musiker gefunden, die sich bestens kennen und das gleiche musikalische Ziel verfolgen.
Eine Musik nämlich, die sich auszeichnet durch die Radikalität in Umsetzung und Aussage, durch das schneidende Strahlen der Klangfarben, durch die Festigkeit des Formalen Gerüsts, durch eine ganzheitliche Klarheit, Rauheit und durch eine durchgehend hohe Energie.
Azeotrop hat seit der Gründung im Jahr 2005 zahlreiche Konzerte im In- und Ausland gespielt (Tourneen durch den Balkan, Deutschland, Österreich) und ist am Nozart Festival Köln und am Uncool Festival Poschiavo aufgetreten.
www.myspace.com/azeotrop
AZEOTROP 2006: Vinyl LP feat. Cäcilia Schüeli, voc
GROB 960
Azeotrops sorgfältige Lärmattacken
Es fängt so harmlos an. Die pechschwarze Plattenhülle, die nur von einem fahlen grauen Strahl durchbrochen wird, hätte einem Warnung genug sein müssen, aber dann tröpfeln nur einige vorsichtige, leise Orgeltöne aus den Boxen. Doch dann bricht die Hölle los. Ein Massiv aus Trommelgewittern trifft auf eine Wand aus wüsten Hammond-Clustern, dazu ächzt und stöhnt eine Stimme, von der man die weiß, ob es die der Sängerin Cäcilia Schüeli ist oder ob die Töne einem aus Dominik Blums entfesselter Orgel entgegen fauchen. Azeotrop bestehen im wesentlichen aus Blum und dem Schlagzeuger Peter Conradin Zumthor, die die Exzesse von extremem Heavy Metal und Hardcore Punk, den sogenannten Grindcore, mit Kompositionsmethoden der Neuen Musik anreichern. Diese polyrhythmische Zwölftonmusik ist wahrlich nichts für zarte Gemüter, denn ihre aggressiven Klangwände lassen die Kollegen der Metal-Szene, beispielsweise Slayer oder Metallica, wie kleine Jungs aussehen. Dabei entstammen Blum und Zumthor der Schweizer Avantgarde-Szene, die sich ganz ordentlich mit Sechzehntelton-Klavieren oder den Werken des Komponisten Hermann Meier (1906-2002) auseinandersetzt. Doch ihrem in früher Jugend entstandenen Faible für heftige Musik, etwa King Crimson, Black Sabbath oder die sich in jüngster Zeit hervorgetan habenden Lärm-Orgiastiker Sunn O))), haben die beiden Musiker nie abgeschworen. So spielt Dominik Blum auch im Trio Steamboat Switzerland, das seit Jahren eine ähnliche Melange mit vielfältigen Resultaten hervorbringt. Dass diese brutalen Lärm-Attacken äußerst sorgfältig komponiert sind, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Zumthor arbeitet mit vorproduzierten Jingles, die in die Musik von Azeotrop eingeflochten werden und Blum hat Ausschnitte aus Hermann Meiers "Stück für Elektronik 1" und "Flächen" für einige Stücke verwendet, bei denen er Klavier- und Orgel-Samples einsetzt. Eine radikale Laut/Leise-Dynamik, Geschwindigkeitsexzesse und kompromisslose Tempowechsel bis zu einem nervenzerrend zähen Lavastrom an Tönen sind die Ausdrucksmittel, die Azeotrop so unerbittlich einzigartig machen. Dazu kommt ein geradezu pedantischer Sinn fürs Detail und eine virtuose Beherrschung der Instrumente, die aus Azeotrop mehr werden lässt als nur schlichter Lärm von zwei Schweizer Höllenhunden. Dass die Debüt-LP von Azeotrop nur auf Vinyl erhältlich ist, verstärkt noch den Fetischcharakter dieser Musik.
Rolf Thomas, FAZ 30.1.2010